Erlebnisberichte 2019

Mein «Seitensprung» in den Supermarkt

Erlebnisbericht von Corinne van Pul, Schindler AG

Gestern durfte ich im Rahmen der Impulswoche einen Tag im «Quai4»-Supermarkt in Luzern mitarbeiten. Die Wärchbrogg, zu der der «Quai4»-Markt gehört, bietet geschützte Arbeitsplätze an. Ich habe gelernt, wie man früh am Morgen das Gemüse und die Früchte kontrolliert und für den Verkauf herrichtet. Die angelieferten Gemüse- und Früchtesorten müssen eingeordnet werden. Im Verlauf des Tages habe ich die Vitrinen und Glasscheiben gereinigt, das Sortiment mit den angelieferten Produkten ergänzt und die die Behälter für die Selbstbedienung nachgefüllt. Ich durfte viele Gespräche mit den Mitarbeitenden führen und sie kennenlernen. Das hat mir viel Spass gemacht und einen wirklichen Einblick in den Alltag im «Quai 4» gegeben. Für mich war es sehr spannend, eine andere Sicht auf einen Arbeitsalltag zu bekommen und ihn hautnah zu erleben.


Ein Tag bei den Sozialen Diensten der Stadt Luzern

Erlebnisbericht von Vreni Hurni, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit

Am 27. Juni erhielt ich einen Einblick in die Arbeit der Sozialen Dienste der Stadt Luzern. Nachdem wir von Marcel Huber, Bereichsleiter Begleitung und Unterstützung im Sozial Info REX begrüsst worden sind, wurden wir zuerst über die Arbeit der persönlichen Sozialhilfe (Fachstelle Wohnen, Einkommensverwaltungen, wirtschaftliche Sozialhilfe) informiert. Herr Christian Longo, Stv. Bereichsleiter Existenzsicherung stellte uns anschliessend in einem Vortrag die Wirtschaftliche Sozialhilfe im Detail vor.
Dabei war sehr interessant zu erfahren, wie sich diese zusammensetzt und die Menschen, welche Sozialhilfe beziehen, im Endeffekt mit einem kleinen Budget auskommen müssen.
Zum Abschluss stellte uns Josi Lingg, Bereichsleiter Jobcenter noch die Arbeitsintegration vor. Dabei war es sehr lehrreich zu erfahren, wie unterschiedlich die Menschen sind, die in eine Notsituation geraten und Unterstützung brauchen.

Trotz Sommerhitze war es ein sehr spannender und informativer Nachmittag, für den ich mich sehr bedanke und auch anderen empfehlen möchte.


Wenn der Schiffsführer selber gemachte Kroketten in der Fritteuse schwenkt

Erlebnisbericht von Marco Bisegger, Schiffsführer SGV

Im Rahmen des Projektes Impulswochen des Netzwerks „Unternehmen Verantwortung“ durfte ich dieses Jahr im Restaurant Quai4 aktiv mitkochen. Das Unternehmen bietet sinnvolle Arbeitsplätze für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Als ich am Morgen zur Arbeit erscheine, wird gerade die Tageseinteilung für den aktuellen Tag gemacht. Knifflig, weil einzelne Mitarbeiter mal nur gerade drei Stunden arbeiten können oder mit der Leitung unverhofft ein persönliches Gespräch wünschen.

Schon bald geht’s los und ich werde zusammen mit einer Mitarbeiterin Hot-Sandwiches für die Voliere am Inseli vorbereiten, welche vom Quai4 beliefert wird. Auch für den hauseigenen Laden werden Brötchen geschmiert. Kaum sind die fertig, werde ich meine ersten selbergemachten Kroketten frittieren. Vorher muss ich diese natürlich noch selber herstellen, im Mehl, Eigelb und in der Panade aus Brotresten wenden. Geduldig wird mir auch gezeigt, wie man aus ganzen Fleischmocken und verschiedenen schmackhaften Gemüsen leckere Hamburger herstellt. Anschliessend werden wir diese zusammen formen und anbraten. Eigentlich dachte ich, dass bei den heissen Temperaturen draussen (und in der Küche am Herd sowieso) kurze Hosen angesagt sind. Schnell werde ich aber belehrt, dass Fettspritzer aus der Pfanne zu unangenehmen Verbrennungen führen können und deshalb auch die Beine abgedeckt werden sollten. Um 12.00 Uhr knurrt mir vor lauter Essen vor den Augen ganz leicht der Magen, ich muss aber zur spät angesetzten Pause durchhalten. Fürs Dessert darf ich Pistazien-Glace herstellen. Seither weiss ich, was „zur Rose kochen“ bedeutet. Für die Köchin ist es gar nicht so einfach, den Überblick über all die parallellaufenden Arbeiten und die Wünsche der Mitarbeitenden zu haben, schliesslich hat vorne im Restaurant auch der Mittagsservice begonnen.

Jetzt ist es 13.30 Uhr und endlich Zeit für eine kurze Pause. Wir dürfen uns von den Resten am Buffet nach Herzenslust bedienen. Meine ersten selber gemachten Kroketten sind alle weg… Gott sei Dank habe ich schon kurz nach dem Frittieren eine sehr heisse vorgekostet! Am Nachmittag müssen für den nächsten Tag noch Unmengen an Rüebli gerüstet werden (gefühlt waren es mehrere Tonnen) – an eine Pause ist nicht zu denken! Zur Belohnung durfte ich nach getaner Arbeit ein selber gemachtes Schoggi-Mousse und ein serviertes Kaffee geniessen. Schnell war der abwechslungsreiche Tag mit spannenden Begegnungen vorbei. Toll, was im Quai4 geleistet wird! Ein bisschen in der Küche stehen und degustieren, … nein so einfach und locker ist es nicht, wie ich mir das anfänglich vorgestellt habe. Aber ich kann mich ja morgen auf dem See wieder etwas hinsetzen und die kühle Seeluft geniessen.

Vielen Dank der SGV, dem Quai4-Team und dem Netzwerk „Unternehmen Verantwortung“, dass mir dieser lehrreiche Tag möglich war. Übrigens: Das Quai4 ist ja gleich neben der Werft und bietet neben dem Restaurant auch einen schönen Quartierladen mit vielen frischen und unverpackten Waren zum Einkaufen. Es lohnt sich mal bei den Nachbarn vorbeizusehen.


Fix und fertig – aber glücklich

Erlebnisbericht von Urs Bühler, Schindler Aufzüge AG

Am 26.06.2019 durfte ich einen Tag bei Job-Vision in Stans verbringen. Geplant war ein Einsatz in der Schreinerei bei Stefan Bühler und seinen Kollegen, darauf habe ich mich eingestellt. Ein paar Tage vor dem Termin hat mich Stefan angerufen und mir mitgeteilt, dass es eine Planänderung gäbe, da seine Truppe einen Einsatz zur Lawinenräumung in Zusammenarbeit mit der Kooperation Alpnach im Pilatusgebiet habe. Die Arbeit beinhalte nicht nur, den Schnee wegzuschaffen, sondern auch die Alpwiesen von Ästen der abtransportieren Bäume zu räumen. Da ich solche Art von Arbeit nicht kenne, habe ich spontan zugesagt.

Um 08.00 h habe ich mich am vereinbarten Tag bei Stefan gemeldet. Nach einer kurzen Vorstellung er Organisation und einer Führung durch die Betriebstätten sind wir, sechs Einsatzkräfte, Richtung Pilatus losgefahren. Punkt 9 Uhr sind wir angekommen und haben den Tag mit einem Znüni begonnen.

Die Arbeit unter der Führung von Forstwart Rafi war überaus anstrengend, zumindest für mich. Wir haben aber auch Informationen erhalten, warum diese Arbeit so wichtig ist. Das ganze Team hat einen kleinen aber wichtigen Einsatz geleistet, um unsere Alpwiesen für die bevorstehende Alpwirtschaft vorzubereiten. Zwischendurch konnte ich mit einzelnen Kollegen auch interessante zwischenmenschliche Gespräche führen, welche mir wiederum bestätigten, wie wichtig die Institution «Job-Vision» ist. 

Am Abend bin ich dann ziemlich «fix und fertig» nach Hause gekommen, darf aber sagen, dass es ein toller und erfahrungsreicher Einsatz war. Ich danke vor allem Stefan, der sich Zeit genommen hat, mir einen Einblick in die Aufgaben von Job-Vision zu vermitteln.

Herzlichen Dank an alle.
Gruss Urs


Ein Blick in eine andere Arbeitswelt

Erlebnisbericht von Kari Huber, nolax AG

Mein Tag in einer anderen Welt
Voller Erwartungen meldete ich mich wie vereinbart um 7.30 bei der Wärchbrogg Luzern. Was treffe ich wohl für Menschen, wie arbeiten sie und was mache ich den ganzen Tag?

Als Daniel Wicki, Leiter Produktion und Thomas Seiler, Leiter Produktionsplanung, mich empfinge,n war mir sofort klar, dass hier «richtig» gearbeitet wird, allerdings in einem etwas langsameren Tempo, aber konzentriert und sehr qualitätsbewusst.

Wer arbeitet in der Wärchbrogg?
In der Wärchbrogg arbeiten Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung. Einige sind leistungsschwach, andere waren drogenabhängig und finden keinen Job mehr, wieder andere hat das Leben so gezeichnet, dass sie dem Druck der heutigen Arbeitswelt nicht mehr standhalten. Kurz, wer in der Wärchbrogg arbeiten darf, hat meistens eine Chance bekommen, in einem Arbeitsprozess resp. in eine Tagesstruktur eingebunden sein zu dürfen. Denn, wer sich nicht an die Regeln hält, dem wird als ultima ratio gekündigt. Die meisten beziehen eine IV-Rente und verdienen sich durch die Arbeit etwas Sackgeld. Der Lohn bezieht sich nicht nur auf die absolute Leistung, sondern auch auf die relative. Das heisst, wenn sich jemand anstrengt, sorgfältig arbeitet und sich gut in der Gruppe verhält, dann kann er durchaus fast den maximalen Stundenlohn beziehen, obwohl sein Output an gefertigten Produkten vielleicht nicht gross ist.
Für etwa 10% der Mitarbeitenden besteht die Hoffnung und auch das Ziel, sich wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Für alle anderen ist die Wärchbrogg eine willkommene Tagestruktur, die ihnen Halt gibt und die Arbeit ihrem Dasein einen Sinn verleiht. Alle, die ich angesprochen habe, sind recht bis sehr glücklich mit ihrer Arbeit, auch wenn diese aus meiner Optik alles andere als abwechslungsreich ist.
Wie mir Arbeitsagoge Peter Grüter gesagt hat, gibt es Mitarbeiter, die am liebsten tagelang Blätter falten. Denn die kleinste Abwechslung oder Veränderung verunsichert diese Menschen derart, dass sie sich nicht wohl fühlen. Es gibt aber auch solche, die gerne mal was anderes machen und dort einspringen, wo sie gerade gebraucht werden. Die Herausforderung der Arbeitsagogen liegt darin, die Mitarbeiter sehr gut zu kennen und sie gemäss ihren Fähigkeiten und Vorlieben einzusetzen, zu fordern, aber keinesfalls zu überfordern.

Welche Arbeiten können bewältigt werden?
Die allermeisten Aufträge sind Verpackungsaufträge für die Wirtschaft. Es werden aber auch Abstimmungsunterlagen verpackt oder z.B. Chlaussäckli hergestellt und Glückwunsch- oder Dankeskarten mit grosser Sorgfalt produziert.
Eher selten sind es Arbeiten, die mit einer Maschine auch gemacht werden könnten. Die Auftraggeber ermöglichen es diesen Menschen, eine sinnvolle Arbeit zu verrichten. Meistens sind es Aufträge, bei denen es viele kleine Arbeitsschritte braucht, die kaum automatisierbar sind. Das können Haarbänder sein, die mit einem Kabelbinder an eine Kunststoffplatte geheftet werden und mit einem oder mehreren Klebern bestückt werden müssen, also eine «Nöpperliarbeit».

Mein Arbeitsplatz
Mein Arbeitsagoge war zufällig ein alter Militärkollege, mit dem ich manchen Krieg gewonnen habe. Ich durfte mich an einen grossen Stapel Dokumentmappen ranmachen und diese sorgfältig falten. «Langsam aber genau arbeiten», das sagte mir mein Gegenüber Thomas immer wieder. Thomas hat im Leben nicht nur Glück gehabt. Er hat mir seine ganze Lebensgeschichte erzählt und er vergass dabei manchmal fast das Arbeiten. Wenn man solche Geschichten hört, dann wird einem das Glück wieder bewusst, dass es eben auch braucht, um ein Leben an der Sonnenseite geniessen zu können. Thomas, ein lieber Kerl zum Gernhaben.
Die Mappen faltete ich wie befohlen mit grösster Sorgfalt und unterbrach meine Tätigkeit für die grosse Arbeitsagogensitzung. Voraussetzung für die Teilnahme war, dass ich alles wieder vergessen musste, was dort besprochen wurde. Denn es wurden die Probleme der einzelnen Mitarbeiter diskutiert. Kaum zu glauben, in welchem privaten Umfeld diese Leute teilweise leben und wie unterschiedlich sich dies auf das Verhalten, die Arbeitsmoral etc. auswirkt.

Zurück an der Arbeit fiel mir auf, wie herzlich der Umgang unter den Menschen ist. Da wird viel Privates gesprochen, gelacht und auch vielleicht etwas geblufft, was sie alles Aufregende erlebt haben. Frauen- und Männergeschichten sind offenbar ein wichtiges Thema.

Was nahm ich mit in den Feierabend?
Als die Raumtemperatur über 30°C anstieg und die Arbeitszeit von 8 Stunden «abgelaufen» war, verliessen die Mitarbeiter den Raum fast fluchtartig, denn jeder hatte offenbar noch ein grosses Programm. So musste einer im Coop noch was einkaufen, ein anderer wollte Altpapier in den Keller tragen, weil er sonst Streit mit seiner Freundin hat und zwei Frauen wollten sich im Lido nach Männern umsehen.
Ich nahm viele Eindrücke mit nach Hause. Arbeitsleistung ist immer relativ und was eine interessante Arbeit ist, erst recht. Jeder Mensch hat eine Geschichte die mehr oder weniger prägend ist. Aber die einen schaffen es nicht, ihre Vergangenheit abzuschütteln. Es braucht viel, bis wir «Normalos» zufrieden sind. Ich lernte Menschen kennen, die mit wenig finanziellen Mitteln und einem begrenzten Aktionsradius offenbar zufrieden sind. Dieser Seitenwechsel oder Seitensprung bleibt wohl länger in meinem Innersten haften und relativiert einiges in meinem teils hektischen Alltag.

 


Einblick ins Atelier für Frauen

Erlebnisbericht von Sarah Schilliger, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit

Im Rahmen der Impulswoche durfte ich einen Tag im Atelier für Frauen des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks SAH mitarbeiten. Der Tag startete um 8 Uhr mit einer Anwesenheits-Kontrolle. Kurze Zeit später waren wir im Textilatelier. Pia, die Verantwortliche des Ateliers, und eine Teilnehmende empfingen mich herzlich und wir stellten uns gegenseitig vor. Bereits hier spürte ich, wie die Deutsch-Förderung einen wichtigen Teil des Arbeitsalltags ausmacht. Und ich wurde wie alle Einsteiger vor die Aufgabe gestellt, eine Stoffblume auf ein Blatt Papier zu zaubern. Mir standen alle möglichen Materialen im Atelier zur Verfügung. Währenddessen erklärte Pia einer anderen Teilnehmerin, wie sie eine Tasche aus alten Werbe-Plachen nähen konnte.

Im Laufe des Morgens besuchten wir zu dritt das Garten-Team in einem nahen gelegenen Garten des Ateliers. Dort wurden mit grossem und herzhaftem Einsatz Blumen gepflegt, welche im Atelier liebevoll zu Sträussen gebunden werden.

Für mich ging es weiter an den Markt nach Luzern. Hier half ich bei dem Abbau des Marktstandes mit.

Nach einem stärkenden Mittagessen starteten wir gemeinsam in den Nachmittag. Es wurden zwei Teilnehmende verabschiedet und ich merkte wie der Umgang untereinander sehr angenehm ist. Es wurde viel gelacht; umso mehr fiel der Abschied nicht leicht.

Am Nachmittag durfte ich meine angefangene Blume ebenfalls fertig kreieren und blickte auf einen abwechslungsreichen Tag im Atelier zurück.

Dieser Einblick in einen anderen Arbeitsalltag hat meine Augen wieder einmal geöffnet.

Alle Frauen im Atelier haben ihre persönliche Geschichte und tragen diese auch ins Atelier. Es ist schön zu sehen, wie sich die Frauen gegenseitig unterstützen und wie sie auch Unterstützung erhalten von den hilfsbereiten Mitarbeiterinnen. Ich bin dankbar für diesen vielseitigen Einblick und behalte diesen Tag in guter Erinnerung.

Das Atelier für Frauen wurde 1997 gegründet, und seit 2016 ist es in der SAH eingegliedert. Das Atelier ist eine Arbeits- und Bildungswerkstatt; die Teilnehmerinnen werden auf eine Tätigkeit im Arbeitsmarkt begleitet und unterstützt. Den Frauen stehen verschiedene handwerkliche und kreative Bereiche offen: Floristik, Keramik, Textil, Malen oder Garten. Je nach Fähigkeit, Ausbildung und Interesse werden sie einem bestimmten Atelier zugeteilt. Sie werden von Arbeitsagoginnen gefördert und begleitet. Die handwerklichen Tätigkeiten werden ergänzt mit wöchentlichen persönlichkeitsorientierten Weiterbildungen, Bewerbungsunterstützung, Einzelcoachings und Deutschförderung. Die Frauen werden von verschiedenen Behörden zugewiesen (Sozialämter, IV, RAV, SAH, und weitere). Die hergestellten Produkte werden im Laden in Horw und auf dem Markt in Luzern verkauft.